LIEBESBRIEF UNTER DER RICHTERSTüR

Ein Jurist wird zum Fernsehstar.
AZ- Interview mit Ulrich Wetzel

Ab heute gehört der Nachmittag bei RTL den Juristen-
Neu im TV - Dienst und direkt vor dem Jugendgericht laufen "Das Familiengericht" und "Das Strafgericht" Für diese Show ist Ulrich Wetzel (45) am Frankfurter Amtsgericht unter anderen für Abschiebehaftverfahren zuständig, vor die
Kamera gewechselt.

AZ: Herr Wetzel, warum machen Sie das?

Ulrich Wetzel: Weil es für mich eine Möglichkeit ist, für eine bestimmte Zeit einen völlig neuen Beruf auszuüben. Ich kann in eine andere Welt eintauchen und ein bisschen aus dem juristischen Wamst rauskommen.

HabenSie sich schon mit einem TV - Richter unterhalten, was das bedeutet?

Ich habe tatsächlich zwei mal mit Alexander Hold telefoniert. Allerdings ging es da nur um die Frage, wie man das dienstrechtlich regelt.

Wie sind Ihre ersten Erfahrungen vor der Kamera?

Die Kameras sind mir gar nicht aufgefallen. Die Atmosphäre ist so, wie sie tatsächlich im Gerichtssaal ist.

Sie begeben sich jetzt auch in die Fiktion.

Es gibt natürlich Unterschiede zum realen Leben. Die spektakulären Fälle häufen sich da. Aber es ist nicht so, dass nicht auch skurrile Dinge im tatsächlichen Gerichtsleben passieren. Das glaubt man gar nicht, was es vor Gericht alles gibt.

An dem unterhaltenden Faktor kam zunehmend Kritik auf. Ist die Gerichtsshow die Talkshow mit anderen Mitteln?

Mein Bestreben wird sein, dass die Trash - Kultur im Gerichtssaal nicht die Oberhand gewinnen wird. Die Würde die dieser Rahmen birgt, will ich wahren. Es ist eine Frage wie weit man zum Beispiel Schimpfworte zuläßt, wann man eingreift.

Es soll ja doch zur Sache gehen - so sind die Drehbücher.

Das soll es ja auch. Es passieren im echten Leben ja auch nicht jeden Tag, aber auch da rasten vor mir Leute aus.

Sie verhandeln richtig harte Fälle. Also auch Mord oder Vergewaltigung- und das am Nachmittag, wo viele Kinder zuschauen.

Das ist natürlich ein Problem. Wir wollen nicht am Detail darlegen, wie einer den anderen zerstückelt hat. Es geht nicht nur um Mord. Wir werden darauf achten, das der Jugenschutz gewährt wird.

Was machen Sie anders?

Ich will rigider sein als die Kollegen. Weniger Klamauk. Weniger Kasperltheater.

Sind Sie eine strenger Mensch?


Im Gerichtssaal schon.

Richter sollen ja eher ruhige Menschen sein. Wann rasten Sie aus?

Ich bin sehr langmütig. Aber Ungerechtigkeit machen mich schon wütend.

Schöne Antwort für einen Richter.

Ja, nicht wahr? So muss es sein.

Privat fahren Sie Motorrad, snowboarden. Suchen Sie den Geschwindigkeitsrausch?

Nein, nein. Ich hab ein ganze Langsames Motorrad, da fasziniert mich eher die Technik.
Snwboarden tue ich nur, weil ich nicht skifahren kann.

Freuen Sie sich schon auf Fanpost von Frauen?

Die kommt ja jetzt schon. Sie haben keine Ahnung, was für eindeutige Zettel so unter einer Richtertür durchgeschoben werden.

Und wer ist der Beste?

Ein Jurist begutachtet für die AZ die Sendungen

Hermann Messmer, Münchener Star- Anwalt, nahm die TV- Richter unter die Lupe:

Barbara Salesch (Sat1):
Wenn ich das juristisch betrachte, habe ich das Gefühl, das die Sendung mehr eine Seifenoper ist. Da sind Quoten wichtiger als Paragraphen. Die Fälle sind sehr Publikums- wirksam und meist noch mit Sex garniert. Man merkt, dass nicht das echte Leben die Drehbücher geschrieben hat. Der Staatsanwalt ist aber immer sehr gut, die Verteidiger dagegen sind furchtbar blass. Ich schau's mir gerne an, aber juristisch ist das Schmalkost.

Richter Alexander Hold (Sat1):
Das ist ein Richter, wie man ihn im wahren Leben trifft. Zurückhaltend und immer Herr der Lage. Die Fälle sind sehr glaubwürdig, dafür aber auch immer recht langweilig, so wie der Gerichtsalltag eben ist. Das ist wie Volkshochschule. Man lernt was und muss sich nicht anstrengen.

Streit um Drei (ZDF):
Das schaue ich mir sehr gerne an, weil das ein richtiges juristisches Kuriositäten- Kabinett ist. Das ist Theater und kein Gericht. Mit der Realität des Alltags hat es nicht viel zu tun. Der Richter Neumann ist genauso, wie man sich ihn wünscht- ein Papa Gnädig aber juristisch beschlagen. Von der Art gibt es leider im wahren Leben viel zu wenige. Dadurch das immer noch der juristische Hintergrund beleuchtet wird, kann man zumindest ein wenig was lernen.

Das Jugendgericht (RTL):
Die Sendung schafft es, eine realistische Gerichtsatmosphäre aufzubauen. Die Richterin Ruth Herz ist besonders gut. Für Kinder und Erwachsene sollte "Das Jugendgericht" eine Pflichtsendung sein, denn das ist juristischer Lehrstoff pur. Der Nachwuchs bekommt mit, das viele Dinge wie Haschisch Konsum kein Kavaliersdelikt sind. Und die Eltern merken das Kriminalität und eine fehlende Erziehung zusammenhängen.

Cafe Meineid (BR):
Das ist ja reine Gaudi Sendung, für die Karl Valentin wohl öfter mal Pate stand. Juristisch ist sie nicht falsch, aber eher ein Leerstück. Daher in der Unterhaltung in der Champions- League.

Ganz allgemein: Wenn Gerichtsshows wie im echten Leben abheben, würden alle Zuschauer einschlafen, so langweilig ist das Justizleben. Aber bei Krimis ist das ja nicht anders. Überall dominiert die Quote.










 

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