| "Dienstag, 26.06.07 "
 Der Fall:Die Apothekerin Gesine wird beschuldigt, ihrer Stieftochter
                                    Alice mehrere Monate lang vergifteten Tee gegeben zu haben,
                                    um sie zu entstellen und dann dauerhaft erkranken zu lassen.
                                    Wollte sie die verhasste Stieftochter für die Männerwelt
                                    ausschalten um ihre eigene Tochter zu verheiraten?.
 
 --------------------------------------------------------------------
 
 Ludwig hatte sich den Beginn seiner zweiten Ehe ganz anders
                                    vorgestellt. Als Gesine mit ihrer Tochter Sophie einzog,
                                    machte ihm seine Tochter Alice mit schonungsloser Offenheit
                                    klar, daß sie "diese Frau, die Du geheiratet hast"
                                    niemals akzeptieren würde. Gesine selber schien auch nicht
                                    gerade verrückt nach Alice zu sein und bald begegneten
                                    sie beide Frauen mit der Höflichkeit zweier zorniger Katzen.
                                    Sobald Alice den Raum betrat, blickte Gesine sie von Kopf
                                    bis Fuss mit frostiger Miene an. Alice dagegen nannte Gesine
                                    weiterhin nur noch "diese Frau" und sie blieb
                                    auch weiterhin "die Frau, die Du geheiratet hast"
                                    Die arme Sophie wußte gar nicht wie sie sich dazu verhalten
                                    sollte, bekam sie doch auch ihren Teil an gehässigen Kommentaren
                                    ab, obwohl sie doch wirklich bei dem Streit gar nicht mitmachen
                                    wollte. Viel lieber wollte sie ihre Ruhe haben, doch niemand
                                    befragte sie dazu. Die einzigen fröhlichen Gesichter in
                                    dem Haus waren Ludwigs kleine Zwillinge und die waren schließlich
                                    noch zu klein um alles genau zu verstehen.
 
 Man kann sich gut vorstellen, daß in einer solchen Atmosphäre
                                    die gemeinsamen Mahlzeiten nicht gerade gemütlich verliefen.
                                    Aber Ludwig bestand auf ein gemeinsames Essen und den anschließenden
                                    Tee. Vielleicht wäre es besser gewesen, die Kontrahenten
                                    hätten sich wie bei einen Boxkampf in neutrale Ecken geflüchtet,
                                    aber er war ja der Meinung, daß dies alles nur Anfangsschwierigkeiten
                                    waren und zwang sie alle zusammenzusitzen. Ein Gesprächsthema
                                    brauchte man auch nicht groß zu suchen, denn seit Alice
                                    mit Julian verlobt war, plapperte sie endlos von der bevorstehenden
                                    Hochzeit. Und so saß sie vor ihren größtenteils unfreiwilligen
                                    Publikum und die durften sich dann stundenlang anhören,
                                    in welchem Kleid sie heiraten würde, wie groß die Torte
                                    sein würde und so weiter und so fort. Sophie, die eine
                                    gute Beobachterin war, bemerkte daß Julian auch nicht gerade
                                    an den Lippen seiner Verlobten hing, sondern manchmal ganz
                                    glasige Augen bekam. Eigentlich hätte sie das gerne Alice
                                    an den Kopf geworfen, aber sie konnte sich die Antwort
                                    schon denken. Das sie nur neidisch wäre, weil sie keiner
                                    heiraten wollte. Und das wollte keiner, weil sie ja sooo
                                    dick war... Das wollte sie sich lieber ersparen. Sophie
                                    wünschte sich sehnlichst eine Pause von Alice.
 
 Sophies Wunsch sollte sich erfüllen. Seltsamerweise fühlte
                                    sich Alice immer schwächer. Es hatte mit einer leichten
                                    Müdigkeit begonnen, doch dann wurde es immer schlimmer.
                                    Sie wurde teilnahmslos, hatte furchtbare Kopfschmerzen
                                    und fühlte sich nur noch schlapp. Noch nicht mal das Thema
                                    Hochzeit konnte sie aufmuntern. Ludwig machte sich furchtbare
                                    Sorgen und wollte seine Tochter zu einem Arzt schicken.
                                    Verblüffenderweise drängte sich Gesine förmlich auf, sie
                                    wollte sich unbedingt um Alice kümmern, da "sie als
                                    Apothekerin mindestens genausoviel wußte wie die Ärzte".
                                    Sie betüttelte Alice von hinten bis vorne. Aufeinmal war
                                    nichts gut genug für Alice. Sie bereitete ihr eigenhändig
                                    den Tee, gab ihr "hochdosiertes Vitamin C" und
                                    war gar nicht mehr von Alice wegzukriegen. Aber die ganze
                                    Fürsorge brachte nichts. Ludwig mußte mit ansehen, wie
                                    seine sonst so hübsche, aktive Tochter noch nicht einmal
                                    mehr aufstehen wollte. Sie duldete sogar, daß ihr Verlobter
                                    Julian mit Sophie wegging. Für einen Wutanfall war sie
                                    schon längst zu schwach. Außerdem begannen ihr die Haare
                                    auszufallen. Aber Gesine beharrte weiterhin, daß Alice
                                    keinen Arzt brauchte.
 
 Alice mußte es wirklich schon sehr schlecht gehen, wenn
                                    sie so einfach zuließ, daß Sophie mit ihren Verlobten ausging.
                                    Die normale Reaktion wäre nämlich ein riesiger Tobsuchtsanfall
                                    gewesen. Aber dazu war Alice schon lange nicht mehr in
                                    der Lage. So lag sie ganz allein in ihren Bett und Julian
                                    ging weiter mit Sophie aus, die sich richtig rausgeputzt
                                    hatte. "Die Klamotten sind ihr viel zu eng, sie sieht
                                    aus wie eine Presswurst" murrte sie wohl, aber es
                                    war niemand da, den es gekümmert hätte. Aber Sophie hatte
                                    mit Julian auch nicht viel Freude, den der war wohl der
                                    unaufmerksamste Begleiter, den die Welt je gesehen hatte.
                                    Aber Sophie konnte sich mit vielen arrangieren, auch daß
                                    Julian sie gar nicht beachtete, sondern eher nach anderen
                                    Weibern sich umsah. Sie war halt Kummer gewohnt. Sie tröstete
                                    sich mit den Gedanken, daß Julian augenscheinlich auch
                                    nicht mit seinen Gedanken bei Alice war. Julian liebte
                                    Alice auch gar nicht. Er wollte sie auch nur heiraten um
                                    die Reederei seiner Eltern zu retten. Nach der Hochzeit
                                    wollte er sich so schnell wie möglich scheiden lassen,
                                    um dann mit Semra zusammen zu sein. Semra war das Kindermädchen
                                    der Zwillinge und ihre Liebe war schon lange nicht mehr
                                    platonisch. Aber das wußte niemand.
 
 Mittlerweile glaubte Ludwig nicht mehr daran, daß Gesines
                                    Vitamincocktail auf Alice wieder gesund machen würden.
                                    Seine Tochter sah so schlecht aus, daß es etwas ernsteres
                                    sein mußte. Aber daran wollte er nicht denken, frische
                                    Luft, ja, daß war es. Alice mußte ganz dringend an die
                                    frische Luft und bestimmt würde sie hinterher nicht mehr
                                    so gräßlich blaß aussehen. Krampfhaft verscheuchte er Gedanken
                                    an Krankheiten wie Leukämie. Mit einer gewaltigen Anstrengung
                                    überzeugte er Alice aufzustehen und mit ihm einen Spaziergang
                                    zu machen. Dabei versuchte er nicht allzu erschüttert auszusehen.
                                    Seine sonst so hübsche Tochter sah kränker aus denn je.
                                    Ihr Haare waren büschelweise ausgefallen, sie war totenblass
                                    und bei jeder Bewegung konnte man sehen, wie schlecht es
                                    ihr ging. Alice setzte einen Fuss vor den anderen und während
                                    ihr Vater dauernd davon plapperte wie gut ihr die frische
                                    Luft doch tun würde, wurde ihr aufeinmal heiss und ihr
                                    Herz schlug immer schneller. Ein paar Sekunden später brach
                                    sie vor ihren Vater zusammen.
 
 Während Alice in ein Krankenhaus gebracht wurde und Ludwig
                                    auf die Diagnose wartete, kannte das Kindermädchen Semra
                                    die Diagnose bereits. Falls Ludwig auf die Idee gekommen
                                    wäre sich ernsthaft mit ihr zu unterhalten, so hätte ihm
                                    nach diesen Gespräch die Haare zu Berge gestanden. Semra
                                    hatte Gesine dabei ertappt, wie diese ein seltsames Pulver
                                    in Alices Tee gegeben hatte. Dabei hatte sie verstohlen
                                    gewirkt, so als ob sie niemand sehen sollte. Außerdem bekam
                                    Alice doch bereits ihre Vitamine in den Tabletten. Um was
                                    für ein Pulver handelte es sich hier? Heimlich hatte sie
                                    die Ampulle sich aus der Nähe angesehen und die Formel
                                    davon an einen Freund weitergegeben. Dieses Pulver war
                                    Arsenik. Gesine vergiftete ihre Stieftochter mit Arsenik.
                                    Doch in einen Gespräch mit Gesine hatte diese ihr klargemacht,
                                    daß sie dafür sorgen würde, daß sie ihren Job verlieren
                                    würde. Das bedeutete auch, daß sie ihre Aufenthaltsgenehmigung
 verlieren würde. Aber Ludwig mußte wohl von ganz alleine
                                    auf den Gedanken gekommen sein, wer seine Tochter versucht
                                    hatte zu vergiften. Gesine wurde trotz übergroßen Gezeters
                                    verhaftet und bald vor Gericht gestellt. Eigentlich wollte
                                    Semra nicht aussagen, aber ein Besuch beim Frauenarzt überzeugte
                                    sie doch dazu die Wahrheit zu sagen.
 
 
 cocosgirl
 |