"Dienstag, 08.05.07"

Der Fall:
Thorsten Brehmer ist angeklagt, die Frau eines Unternehmers entführt zu haben. Als ihr Ehemann sich weigerte das Lösegeld zu zahlen, soll er versucht haben ihn zu erschießen. Wollte der Entführer sich rächen, weil sein Plan fehlgeschlagen ist?

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Eigentlich hatte Sandra Malick immer geglaubt, daß sie ein perfektes Leben führte. Sie hatte eine stabile Ehe und finanziell ging es ihr mehr als gut. Als Teilhaberin von drei Schrottplätzen, an denen sie und ihr Mann mehr als gut verdienten, konnte sie sich als abgesichert betrachten. Klar, daß sie sich mit dem Geld auch ab und zu mal verwöhnen konnte. An diesen Märztag war sie zum Friseur gegangen und steuerte gutgelaunt aus dem Einkaufszenter ihren Wagen an, den sie in der Tiefgarage geparkt hatte. In Gedanken war sie schon zu Hause, als plötzlich und ganz unerwartet jemand sie von hinten packte. Sandra hatte gar keine Zeit mehr um Hilfe zu brüllen oder sich gar zu wehren. Ausgerechnet Sandra, die immer vorsichtig und ängstlich gewesen war, passierte etwas was sie sich in ihren kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Sie wurde mit Chloroform betäubt und entführt.

Diese Entführung ging auf Thorsten Brehmers Kappe. Er konnte nicht von sich behaupten, daß er Übung in Sachen Entführung hatte, also mußte er besonders schnell und genau vorgehen. Ganz wohl war ihm dabei nicht in seiner Haut. Aber jetzt steckte er mitten drin und mußte alles durchziehen. Alles war genau geplant. Er würde Sandra im Bunker draußen im Wald gefangen halten und dann würde er ihren Mann anrufen. Er wußte auch genau wieviel Geld er von ihm fordern würde. 250 000 Euro! Er wußte genau, daß Paul Malick sich diese Summe leisten konnte, weil er öfters bei ihm eingekauft hatte und er dabei gesehen hatte was für Geschäfte er machte. Malick würde doch wohl sein liebes Weibchen dringend wiederhaben wollen. Er hatte gar keinen Zweifel daran, daß Malick auf die Erpressung eingehen würde. Thorsten war nicht der Typ des typischen Verbrechers und er hatte auch gar nicht vor Sandra ein Haar von ihrer perfekt frisierten Frisur zu krümmen. Aber wenn Malick Schwierigkeiten machen würde, dann würde er eben ein so überzeugendes Theater machen, bis Malick glauben würde, daß mit ihm nicht zu spaßen war und seine Frau in akuter Lebensgefahr schweben würde. Alles lief einfach perfekt.

Als Sandra die Augen aufschlug, bekam sie den Schock ihres Lebens. Alles war dunkel. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie erkennen, daß sie sich in einen karg möbilierten Raum befand. Dann stieß Sandra einen hohen Schrei aus. Nicht weil ihr die Innendekoration nicht gefiel, sondern weil Thorsten Brehmer ihr sich näherte und mit der schwarzen Maske wirkte er nicht gerade wie der freundlichste Zeitgenosse. Thorsten Brehmer war auch nicht freundlich gesinnt. Er hatte Paul Malick angerufen und ihm alles erklärt. Er war doch wohl überzeugend genug gewesen. Trotzdem hatte sich Malick geweigert 250.000 Euro als Lösegeld zu zahlen und hatte einfach aufgelegt. So war das aber nicht geplant gewesen. Er blickte in Sandras verheultes Gesicht und ihm ging auf, daß diese augenscheinlich dabei war hysterisch zu werden. Er bekam entsetzliche Kopfschmerzen vom ihren Geheul. Anscheinend war Malick gar nicht so wild drauf, seine Frau wiederzusehen. Er würde mit dem Preis runtergehen müssen.

Die Tage vergingen. Jeder andere wäre vor Angst vergangen und hätte jeden Preis bezahlt. Nicht aber Paul Malick, der es wirklich nicht eilig hatte seine Frau wieder zu bekommen. Das kümmerte ihn eigentlich alles wenig. Er hatte nicht vor einen Dahergelaufenen einfach sein Geld in den Rachen zu werfen, obwohl er sich das Geld hätte leisten können. Obendrein würde er Sandras Anteil bekommen, falls ihr etwas passieren würde. Paul blieb daher ziemlich gelassen, während Thorsten Brehmers Lage immer verzweifelter wurde. Er wußte nicht, was er mit dieser Frau anstellen sollte. Ihr Gejammer ging ihm entsetzlich auf die Nerven und wenn sie nicht jammerte, dann heulte sie. Ganz besonders furchtbar war es geworden, als sie mitbekommen hatte, daß ihr Mann die 250.000 nicht zahlen wollte. Thorsten wollte sie wenigstens soweit beruhigen, daß wenigstens das Geschniefe aufhörte indem er sie fragte, ob er ihr etwas besorgen konnte. Er kam sich zwar dämlich dabei vor, als er für sie Sushi, Zahnseide und feuchte Tüchter kaufte, aber sie wurde wenigstens etwas ruhiger danach. Mittlerweile war Thorsten mit dem Lösegeld auf 50.000 heruntergegangen. Aber Malick wollte nicht zahlen.

Mittlerweile war Thorsten mit seinen Nerven total am Ende. Malick wollte nicht zahlen und Thorsten wollte Malicks Frau nicht töten. Er war doch kein Mörder, er hatte doch nur schnell an Geld kommen wollen. Und jetzt lief alles schief. Er war so verzweifelt, daß er sogar seiner Freundin gegenüber gestand, was er getan hatte, so dringend brauchte er Rat. Jetzt mußte er auf Malick eben mehr Druck machen. Beim letzten Telefonat am 10.3. schoß er in die Luft um Paul zu erschrecken. Den interessierte das alles aber gar nicht. Frau Malick schmiss sich auf die Knie vor ihm und flehte ihn unter Tränen an, ihren Mann nochmal anrufen zu dürfen. Na gut, eine weinende, verzweifelte Frau dürfte vielleicht sogar noch überzeugender sein. Sandra bekam aber gar keine Gelegenheit ihren Mann zu überzeugen, denn sie erreichte nur den Anrufbeantworter. Dieses scheußliche Ding hatte sie schon immer gehasst. Vielleicht war Paul noch in der Nähe."Paul geh bitte ran, der bringt mich doch um... bitte, bitte, bitte." Aber Paul ging nicht ans Telefon. In diesen Moment begriff Sandra, daß Paul auch nicht einen Cent für sie zahlen würde und wurde ganz ruhig. Sie ließ sich auf den Boden fallen und als Thorsten besorgt nach ihr sah, rollte sie sich nach links und bekam seine Waffe zu fassen. Mehr verblüfft als ängstlich sah Thorsten zu, wie Sandra die Waffe auf ihn richtete und rückwärts aus dem Bunker verschwand. Dann schloß sie die Türe von außen ab, ließ den Schlüssel stecken und begann zu rennen.

Martin Stern befand sich gerade auf der Heimfahrt, als etwas vor seinen Wagen sprang. Nur eine Fallbremsung bewahrte Sandra davor überfahren zu werden. Martin starrte die Frau an, die er fast überfahren hatte. War sie verletzt? Die Frau blickte ihn ängstlich an, als er sich näherte und duckte sich schnell ab, als müsse sie Schläge befürchten. Sie sah seltsam aus und so konnte er sie doch schlecht weiter durch den Wald laufen lassen. "Kann ich Sie irgendwo hinfahren" Sie sah ihn weiterhin ganz verwirrt an und gab dann die Goethestraße 14 a als Ziel an. Danach sagte sie gar nichts mehr. Martin Stern ließ sie am Zielort aus dem Auto und sah zu wie sie aufs Haus zu ging. Ziemlich strange die Lady, dachte er, aber dann war es für ihn auch schon nicht mehr wichtig. Sandra Malick war auf dem Weg nach Hause.

Die zarte Sandra war so wütend wie noch nie in ihren Leben. Ihr perfekter Ehemann hatte sie einfach im Stich gelassen. Oben im Haus räumte sie den Tresor leer. Dann steuerte sie ihr bis dahin gemeinsames Schlafzimmer. Dort lag ihr Ehemann und schlief süß und fest und sah so unschuldig aus wie ein Engel. Ihre Wut wurde immer größer. Sandra hatte niemals Blut sehen können ohne gleich in Ohnmacht zu fallen, aber jetzt stand sie im Schlafzimmer und richtete die Waffe auf Paul und zog durch ohne mit der Wimper zu zucken. Dann verließ sie das Haus. Ihre Schwester Eva würde ihr helfen. Eva hatte ihr immer geholfen, sie würde sie nie im Stich lassen. Paul hatte noch Glück im Unglück. Das Telefon stand direkt neben ihm und so konnte er den Notarzt anrufen. Während der Notarzt Paul abholte, warf Sandra die Pistole weg. Nicht ohne sie gründlich zu reinigen. So hatte sie es jedenfalls immer in den Krimis gesehen.

Eva Rose fiel fast vom Glauben ab, als ihre Schwester ihr alles erzählte. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Ihre kleine Schwester war entführt worden, dann hatte sich ihr Mann geweigert zu zahlen und sie hatte auf ihn geschossen? Mühsam sortierte sie ihre Gedanken, von Paul hatte sie noch etwas gehalten. Und ihre Schwester? Sie konnte sie doch nicht auch noch im Stich lassen. Eva willigte ein ihr ein Alibi für die Tatzeit zu geben. Auch das noch, im Lügen war sie nie gut gewesen und jetzt sollte sie erfahrene Juristen belügen, das konnte ja heiter werden.

Thorsten Brehmer war im Bunker bis 1.00 nachts gefangen gewesen, bis seine Freundin Nicole ihn befreit hatte. Lange hatte die Freiheit aber nicht mehr gedauert. Die Entführung hatte er auch gleich zugegeben, aber auf den Mann geschossen hatte er nicht, nie und nimmer. Aber niemand schien ihm zuzuhören. Warum konnte er die Zeit nicht umdrehen, es war von Anfang an eine Schnapsidee gewesen. Nicole hatte gleich die nächste Schnapsidee. Sie wollte sich mit Thorsten auf der Herrentoilette treffen und ihn mittels eines Elektroschockers befreien. Das sollte Thorsten Glaubwürdigkeit auch nicht unterstützen.


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