| "Montag, 03.07.06" Der Fall: Katharina ist angeklagt in ein Haus eingebrochen
                                    zu sein und den Bewohner mit einen Messer verletzt zu haben.
                                    Wollte sich die Russin, die illegal in Deutschland lebt,
                                    nur bereichern? Oder ist sie auf der Flucht vor einen Zuhälterring
                                    und hat in dem Haus Schutz gesucht?
 
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 Als Katharina in einer Zeitung auf die Annonce "Putzfrauen
                                    in Deutschland gesucht" stieß, schien das die Antwort
                                    auf alle ihre Gebete zu sein, denn sie brauchte dringend
                                    Geld. Hier war die Bezahlung nicht nur armselig, sondern
                                    man mußte sich auch noch fragen, ob man überhaupt bezahlt
                                    wurde. Die Rechnungen mussten aber trotzdem bezahlt werden.
                                    Sie entschloss sich, sich sofort an der angegebenen Adresse
                                    zu melden, bevor vielleicht sogar keine Stelle mehr frei
                                    sein würde. Mit etwas Hoffnung ging sie direkt dort hin.
                                    Dort angekommen wurde sie auch überfreundlich empfangen.
                                    Ja, es wären noch Stellen frei, nicht mehr allzuviel, sie
                                    müsse sich schnell entscheiden. Natürlich, wie konnte das
                                    bei so einen Stellenangebot anders sein? Mit leuchtenden
                                    Augen lauschte sie den Versprechungen, man könne in Deutschland
                                    in drei Monaten mehr verdienen als in einen ganzen Jahr
                                    in Russland. Um das Visum würden sie sich kümmern, sie
                                    bekäme auch einen Pass. Sogar die Reise würde bezahlt.
                                    Wie konnte Katharina ein solches Stellenangebot ausschlagen?
                                    Ziemlich glücklich unterschrieb sie, dabei entging ihr
                                    wie ihr Gegenüber sie anstarrte, als überechnete er gerade
                                    ihren Marktwert, denn genau das tat er.
 
 Die Reise nach Deutschland trat Katharina hinten in einen
                                    LKW an, doch sie beschwerte sich nicht. Das hier würde
                                    sich lohnen und dann würde sich ihr Leben und auch das
                                    ihrer Mutter verbessern. Doch in Berlin angekommen, erwartete
                                    sie eine üble Überraschung. Denn da starrten sie mehrere
                                    Männer an, als sei sie Schlachtvieh und ein besonders brutal
                                    aussehender nahm ihr den Pass ab. Er sah dabei nicht so
                                    aus, als würde er Widerworte gut vertragen können. Und
                                    dann erklärte man ihr, daß sie hohe Schulden hätte. Das
                                    Visum und die Reise, das alles wäre sehr teuer gewesen
                                    und das müsse sie nun abarbeiten. Katharina fielen fast
                                    die Augen aus dem Gesicht, als man ihr ziemlich emotionslos
                                    mitteilte, daß sie nun mit fremden Männern dafür schlafen
                                    müsse um ihre Schulden abzuarbeiten. Sie weinte und flehte
                                    die Männer an, ob sie nicht doch als Putzfrau ihre Schulden
                                    abarbeiten könne. Die Männer sahen sie, als habe sie den
                                    Witz des Jahrtausends gemacht und brüllten geradezu vor
                                    Lachen. Die hier glaubte wirklich, daß sie eine Wahl hätte.
                                    Sie packten sie und sperrten sie in ein dunkles Zimmer,
                                    daß kein Fenster hatte und in dem es eiskalt war.
 
 Dort blieb sie eingesperrt. Es war eiskalt und sie wünschte,
                                    sie hätte etwas um sich zuzudecken oder etwas zu essen.
                                    Aber niemand kam um eine Decke oder gar etwas zu essen
                                    zu bringen. War jetzt Tag oder Nacht? Katharina wußte es
                                    nicht, hier gab es kein Fenster und sie wußte nicht ob
                                    draussen die Sonne schien oder ob es regnte. Sie wußte
                                    nicht, wie lange sie schon hier war, sie wollte nur noch
                                    raus aus diesen Raum. Plötzlich öffnete jemand die Tür
                                    und verkündete ihr, daß es nun soweit wäre. Niemand brauchte
                                    ihr zu erklären, was der Mann meinte. Er erklärte ihr,
                                    bloß keine Zicken zu machen, sie würden schließlich wissen,
                                    wo ihre Mutter in Russland wohnen würde. Wenn sie nicht
                                    alles mitmachte, dann wäre nicht nur sie, Katharina, tot
                                    sondern sie würden auch ihre Mutter töten. Dann zwangen
                                    sie sie mit einen Mann zu schlafen, der ganz besonders
                                    eklig war. Aber niemand interessierte, ob sie das wollte
                                    oder nicht und wenn sie versuchte sich zu wehren, bedrohte
                                    man sie mit Schlägen und wieder damit, daß man ihre Mutter
                                    und sie töten würde. Irgendwann war sie einfach nur noch
                                    fertig und machte alles mit. Sie begann auf den Straßenstrich
                                    anzuschaffen.
 
 Als Miriam Liebknecht Katharina zum ersten Mal auf den
                                    Straßenstricht sah, fiel ihr direkt das ängstliche Auftreten
                                    der Frau auf. Sie arbeitete als Streetworkerin für "Hilfe
                                    für sexuell ausgebeutete Frauen" und diese hier brauchte
                                    vielleicht ihre Hilfe. Sie fragte die anderen Frauen nach
                                    ihr aus, aber keine konnte ihr sagen, ob sie freiwillig
                                    hier war. Die Frau war eines Tages einfach da gewesen und
                                    sie sprach mit niemanden. Miriam versuchte es mit ein paar
                                    netten Worten, auch auf russisch, aber es war offensichtlich,
                                    daß sie einen Gespräch mit ihr aus dem Weg gehen wollte.
                                    Miriam konnte es gut verstehen, Zuhälter pflegten nicht
                                    gerade sensibel mit den Frauen umzugehen. Sie hatte schon
                                    viele Misshandlungen gesehen und auch mit der Kamera festgehalten,
                                    falls sich diejenige doch zu einer Anzeige bei der Polizei
                                    entschließen sollte. Aber sie gab nicht auf, bei jeder
                                    Gelegenheit versuchte sie Katharina anzusprechen. "Kann
                                    ich Dir helfen" immer wieder. Hilfe brauchte Katharina
                                    ganz bestimmt, aber wenn einer ihrer Aufpasser mitbekam,
                                    daß sie mit dieser Frau dort sprach, dann kam bestimmt
                                    jede Hilfe zu spät. Bosche moj, mein Gott, wie konnte sie
                                    ihr auch helfen? Inzwischen war Katharina überzeugt, daß
                                    die Zuhälter sie überall finden würden. Und selbst wenn
                                    nicht, sie hatte immer noch die Worte im Ohr, was sie dann
                                    mit ihrer Mutter machen würden. Also mied sie Miriam wie
                                    die Pest und stellte sich taub. Aber die Visitenkarte,
                                    die sie von ihr bekam, behielt sie. Warum sie das tat,
                                    wußte sie auch nicht.
 
 Aber Miriam war nicht der einzige Mensch der Katharina
                                    helfen wollte. Seltsamerweise war es Martin Bacher gelungen
                                    ihr Vertrauen zu gewinnen und bald sollte er ihr einziger
                                    Ansprechpartner sein. Sie erzählte ihm alles, heulte sich
                                    bei ihm aus und vertraute ihm ihren einzigen Wunsch an,
                                    den sie noch hatte. Katharina wollte heim nach Russland.
                                    Dort war sie zwar arm gewesen, aber dort hatte sie noch
                                    immer das Recht gehabt alleine über ihren Körper zu bestimmen.
                                    Martin war fest entschlossen ihr zur Flucht zu verhelfen
                                    und besprach auch einiges mit seiner Schwester, auch wenn
                                    die oft nur mit halben Ohr zuhörte. Sein Plan war Katharina
                                    solange bei sich zu verstecken, bis er einen Weg gefunden
                                    hatte, ihr zur endgültigen Flucht zu verhelfen. Sie war
                                    nicht überzeugt, aber so weitermachen wie bisher wollte
                                    sie nicht, konnte sie auch nicht. Also setzte sie alles
                                    auf eine Karte und tauchte bei Martin unter.
 
 Sicherheitshalber schickte Martin sie immer aus der Hintertür
                                    heraus, wenn jemand klingelte, auch wenn er nicht überzeugt
                                    davon war, daß diese Leute wirklich so höflich sein würden
                                    die Klingel zu benutzen. Endlich wurde das Leben wieder
                                    freundlicher zu Katharina und auf den Fotos, die er von
                                    ihr machte, konnte man sie sogar lächeln sehen. Als es
                                    wieder klingelte und er sie herausschickte, wußte sie nicht
                                    warum sie zurück kam. Es waren die Zuhälter. Sie konnte
                                    einen ausmachen, der auch die Fahrt nach Deutschland begleitet
                                    hatte und einen, den sie nur einmal gesehen hatte. Sie
                                    konnte Martin nicht mehr helfen. Hilflos sah sie zu, wie
                                    einer ihn die Hände auf den Rücken hielt und der andere
                                    ihn abstach. Ziemlich ungerührt planten sie die Geldbörse
                                    mitzunehmen, damit es wie ein Raubüberfall aussah. Dann
                                    rannte sie planlos davon, ohne sich darum zu kümmern, ob
                                    man sie hörte oder nicht. Sie rannte panisch aus dem Haus.
                                    Alexandra, Martins Schwester, die die Hintergrundgeschichte
                                    nicht mehr so richtig im Kopf hatte, ging wirklich von
                                    einen Raubüberfall aus als sie Martins Leiche fand.
 
 Katharina war tagelang ziellos durch die Straßen gezogen,
                                    dann erinnerte sie sich an die kleine Visitenkarte die
                                    ihr diese Streetworkerin vor Monaten in die Hand gedrückt
                                    hatte. Hatte sie nicht versprochen, daß sie immer bei ihr
                                    unterkommen könnte? Auf mehreren Umwegen erreichte sie
                                    das Haus, wo niemand war. Es war kalt, sie war hungrig.
                                    Miriam hatte nett gewirkt, sie würde verstehen, wenn sie
                                    durch das gekippte Fenster in ihre Wohnung klettern würde.
                                    Katharina konnte nicht ahnen, daß Miriam hier nicht mehr
                                    wohnte. Es war die Wohnung ihres Exfreundes Stefan. Der
                                    kam von einen Kneipenabend nach Hause, sah die Frau in
                                    seinen besten Lieblingspullover, der obendrein auch noch
                                    110 Euro gekostet hatte, wie sich sich an seinen Kühlschrank
                                    bediente. Die Fleischwurst auf der Gabel gespießt sah Katharina
                                    wiederum Stefan wie vom Donner gerührt an. Stefan wollte
                                    keine Erklärung hören, er wollte nur brüllen. Katharina
                                    verstand kein Wort, wo war Miriam? Stefan, der nicht wußte
                                    das sie kein Deutsch konnte, fuhr fort Katharina wüst zu
                                    beschimpfen und packte sie am Arm. Katharina war jetzt
                                    fest überzeugt, daß er einer der Zuhälter war und sie jetzt
                                    in dieser Küche.... Nein, das wollte sie nicht zulassen,
                                    nie mehr. Panisch drehte sie sich um, sah das große Messer
                                    im Küchenblock und stach ziellos zu und traf ihm am Oberarm.
                                    Dann rannte sie los und direkt Max in die Arme, der nachgekommen
                                    war um eine DVD zu leihen von Stefan zu leihen. Der Abend
                                    endete für Stefan in der Ambulanz und Katharina wurde verhaftet.
 
 Katharinas "Einbruch" und der Angriff auf Stefan
                                    fand auch in der Zeitung seinen Platz. Alexandra starrte
                                    das Bild der Angeklagten an und erkannte die Frau, die
                                    auf so vielen Fotos in Martins Wohnung zu sehen war. Ganz
                                    schwach erinnerte sie sich, daß Martin ihr von einer russischen
                                    Frau erzählt hatte. Sie war sicher, sie mußte die Mörderin
                                    ihres Bruders sein. Das Verfahren hatte damals niedergelegt
                                    werden müssen. Nun, dann mußte sie eben den ermittelnden
                                    Staatsanwalt Lukas anrufen und ihm mitteilen, daß sie sicher
                                    war zu wissen, wer die Mörderin war. Dann würde der das
                                    Verfahren wieder eröffnen müssen. Der war sehr interessiert
                                    daran, daß sie ihre Aussage auch in dem Verfahren machte
                                    und sie wollte auch unbedingt die Frau hinter Gitter bringen,
                                    die sie für die Mörderin hielt. Miriam Liebknecht ging
                                    vor der Verhandlung noch zu dem verantwortlichen Richter
                                    Herrn Hold und bat ihn, bis zu ihrer Aussage in seinen
                                    Büro warten zu dürfen, sie hatte Angst.
 
 Katherina hatte wohl am meisten Angst, denn sie hatte den
                                    Zuhälterring besser kennen gelernt, als ihr lieb war. Sie
                                    hatte auch allen Grund dazu. Einer der Mörder von Martin
                                    saß im Zuschauerraum.
 
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